Franz Bustelli

Nymphenburg verdankt seinen Rühm fast allein dem Modellmeister Franz Bustelli (Bustelli), der nur ein Jahrzehnt, von 1754—1763, an der Manufaktur wirkte, während dieser kurzen Zeit aber eine ungewöhnlich fruchtbare Tätigkeit entfaltete. Bastelli, „ein unbekannter Italiener“, hat wahrscheinlich seine Lehrzeit in Bayern verbracht. Dafür spricht die starke Verwandtschaft seiner Arbeiten mit den Werken der Asam und anderer bayrischer Bildhauer.

Aber auch in Nymphenburg hat er den Figurenstil nicht erst geschaffen, sondern sich an einen seiner Vorgänger angeschlossen. Das lehren eine Reihe primitiver, unbeholfener Figuren und Gruppen von Kavalieren und Damen, die uns in ihren gemessenen Bewegungen, in ihrer altväterischen Tracht wie die Ahnen der modisch gekleideten, sehr temperamentvollen und leichtsinnigen Gesellschaft von Bustelli’s Hand anmuten.

Diese frühen Figuren gehen vermutlich auf den seit 1749 bei der Manufaktur angestellten Hofbossierer Johann Georg Härtl zurück. Sie sind kenntlich an den lebkuchenförmigen runden Grassockeln, an der unsicheren Haltung ihrer langgestreckten Körper, vor allem aber am Kostüm, das viel zu reichlich bemessen ist und den Eindruck erweckt, als ob es der herrschenden Mode nicht recht entspräche. Auch die Bemalung ist primitiv und ähnelt fast der Technik farbiger Hafnerglasuren.

In der Mitte zwischen diesen primitiven plastischen Versuchen und den reifen Arbeiten Bastellis steht eine Gattung von Figuren, die Hofmann mit Recht als Frühwerke Bustelli’s ansieht. Sie unterscheiden sich äußerlich schon von der erstgenannten Gruppe durch ovale oder polygonale Sockel mit lotrecht geschnittenen Kanten. Manche Figuren nähern sich dem reifen Stil Bustelli so stark, daß seine Urheberschaft nicht in Zweifel gezogen werden kann. Hierzu gehört die kokette Dame im Reif, bei der die strenge Symmetrie des monströsen, glockenförmigen Gewandes durch die Raffung glücklich vermieden ist.

Die Figur scheint von einem Nilsonschen Stich „Le jardin magnifique“, Das edle Gartenwerk, inspiriert zu sein. Die späteren Arbeiten Bustelli’s um 1760 bis 1764 zeigen fast sämtlich einen flachen, geschweiften oder plastischbewegten Rocaillesockel, der gleichzeitig als Stütze für die Figuren ausgebildet ist. Bei aller Großzügigkeit in der Konzeption des Ganzen hat Bustelli nie auf eine präzise Durchbildung im einzelnen verzichtet. Die Art, wie die Flächen scharfkantig gegeneinander abgesetzt sind (namentlich bei der Gewandung), erinnert an die Gepflogenheit der bayrischen Holzschnitzer, deren Manier auch deutlich in der Steinplastik zu spüren ist.

Eigentümlich ist die Wirkung der ins Grünliche spielenden Glasur im Gegensatz zu dem reinen Weiß der Masse, die während der Wirksamkeit Bustelli’s verarbeitet wurde, dann aber, etwa seit 1765, einer anders zusammengesetzten, bläulichgrauen weichen mußte. Die leicht gefärbte Glasur füllt die Tiefen, tritt an allen vorspringenden Stellen zurück und belebt durch die wechselnde Schattierung die Form in reizvoller Weise. Das häufige Vorkommen völlig fehlerfreier, weiß glasierter Exemplare spricht dafür, daß die Bemalung oft absichtlich unterblieb, weil man diese eigentümliche Wirkung nicht dem Dekor zuliebe preisgeben wollte.

So geschickt und geschmackvoll auch die Bemalung der Nymphenburger Figuren in der besten Zeit gewesen ist, sie wurde niemals aus innerer Notwendigkeit heraus angewandt. In diesem Punkte unterscheiden sich die Figuren Basteliis ganz wesentlich von den Arbeiten Kändlers, der von vornherein mit der Bemalung rechnete und im Hinblick darauf die Form gestaltete.

Bustelli hat mehrere seiner Modelle mit der eingeschnittenen Signatur FB ‚bezeichnet: einen Fischhändler, eine opfernde Chinesin und einen Putto als Ceres. Er bevorzugte die Darstellung von Kavalieren und Damen der Hofgesellschaft, von Liebespaaren und Figuren der italienischen Komödie; daneben finden sich Händler und Marktweiber, Chinesen, Kruzifixe mit Assistenzfiguren und eine Reihe von Putten als Verkörperungen griechischer Götter, der Jahreszeiten u. a. Bustelli Figuren sind außerordentlich temperamentvolle und sensible Geschöpfe, deren Gebärdenspiel seelischer Erregung verrät. Der Sinn Bustelli als Italiener im Blut. Das zeigt sich am deutlichsten bei den Komödienfiguren mit ihren übertriebenen Gesten.

Die Darstellung unwillkürlicher Bewegungen, z. B. infolge eines plötzlichen Schreckens, beherrschte er meisterlich. Die Situation einer Dame, der ein wütender Hund den Rock vom Leibe reißt, während ein Kapitän (als Gegenstück) sich an ihrer Verlegenheit weidet. Von gleicher Drastik ist auch die Gruppe „Der stürmische Galan“: ein Kavalier nähert sich in zudringlicher Weise einer stark dekolletierten Dame, die sich, laut schreiend und gestikulierend, seiner Umarmung zu entziehen sucht, während Amor mit dem Bogen auf den temperamentvollen Liebhaber einschlägt.

Manche Darstellungen scheinen von Nilson beeinflusst, wenn auch direkte Vorbilder bisher nicht nachgewiesen werden konnten. Die Gruppe „Der gestörte Schläfer baut, ähnelt einem Stich von Nilson „Der Morgen“. Die Darstellung der italienischen Komödianten entsprach Bustelli Naturell offenbar am besten. Er hat den Charakter jeder einzelnen Figur über das Typische hinausgehoben und außerordentlich fein individualisiert.

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