Burgau Porzellan

Burgau Porzellan Jugendstil Porzellan – „Sie ist meines Wissens die erste Fabrik deren Betrieb einzig auf die Fabrikation von Gegenständen im ‚modernen Stil‘ gerichtet ist“, urteilte im Dezember 1902 Henry van de Velde, der künstlerische Berater des Großherzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach, in seinem Spezialbericht über die Porzellanfabriken im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Ferdinand Selle, der aus einer Leipziger Kaufmannsfamilie im Porzellanhandel stammte, legte ein modernes und preiswertes Produktionsprogramm von Haushaltsgeschirr, Zierporzellan, Mokkatassen und Gastronomiegeschirr auf.

PRODUKTION PORZELLAN SERVICE

Die ersten Serviceformen Burgau Porzellan entwickelte er selber, die dem Jugendstil angelehnten bzw. geometrischen Formen und Dekore trafen den Geschmack der Käufer. Außerdem produzierte Seile in unterschiedlichen Preiskategorien, die Services gab es in verschiedenen Sortierungen und Teilen, zusätzliche Komponenten wie Marmeladendose, Beilagschale etc. waren wählbar. Ebenso trugen verschieden aufwendige Dekore zu unterschiedlichen Preisstufen bei.

Am umfangreichsten ausgeführt wurde in der Burgau Porzellan Manufaktur die Form „Geschweift“ von 1902, für die im kompletten Speise-, Kaffee- und Dessertservice 74 Einzelteile in 14 verschiedenen Dekoren angeboten wurden. Bei späteren Formen gestaltete Seile sparsamer und übernahm Schüsseln und Platten in die neuen Services, so z. B. die der Eckform 1905 in die Form 1909. Ferdinand Selle besaß als Mitglied im „Deutschen Werkbund“ gute Kontakte zu zeitgenössischen Künstlern und gewann für einige Service namhafte Entwerfer, mit denen er Erfolge in der Fachwelt und auf Messen erzielte.

AUSZEICHNUNGEN BURGAU PORZELLAN

Die höchste Anerkennung erhielt das von dem Architekten und Kunstgewerbler Albin Müller entworfene Tafel- und Kaffeegeschirr auf der Weltausstellung 1910 in Brüssel mit einer Goldenen Medaille. Auch Henry van de Velde, Albert Gessner, Franz Seeck, Fia und Rudolf Wille, Else Wenz-Vietor sowie Erich Kuithan wurden für die Burgau Porzellan Manufaktur tätig. Einen herben Einschnitt erfuhr die Firmengeschichte mit dem plötzlichen Tod Ferdinand Seiles am 9. Februar 1915. Zehn Formen waren in seiner Dekade entwickelt worden. Nun führte die Witwe, Anna Agnes Adeline Seile, unter Vormundschaft stehend, gemeinsam mit dem Prokuristen Johannes Dietrich und dem Obermaler Anton Parthe den Betrieb weiter.

Der Erste Weltkrieg und die Inflation ließ die Produktion der Burgau Porzellan Manufaktur von Neuentwicklungen und den Absatz stagnieren. Erst Mitte der 1920er Jahre wurden wieder neue Formen vorgestellt. In der Fachzeitschrift des Glas-, Keramik- und Porzellanhandels „Porzellan- und Glashandlung“ erschien 1925 der Hinweis, dass die Porzellan-Manufaktur Burgau „zur Messe ein streng modernes Tafel-und Kaffeegeschirr nach Entwürfen von Herrn Professor Bruno Wille, sowie ein weiteres in der Form und Dekor sehr schönes Kaffeegeschirr“ herausgebracht hat.

Da ein Künstler namens „Bruno Wille“ nicht nachzuweisen ist, wird wahrscheinlich eine Verwechslung des Vornamens mit Rudolf Wille vorliegen. Eine „Achteck-form“ und die Form „Empire“ folgten, die gerippte Form aus dem Jahr 1908 wurde als „Biedermeier Gerippt“ modifiziert. Eine bisher nur in wenigen Exemplaren nachzuweisende „Rocailleform“ steht gänzlich außer-halb des anfänglichen Produktionsprofils. Doch auch mit den Formen „Jena“ 1927 und der Form „Wochenend“ 1928 konnte nicht mehr an die früheren Verkaufszahlen angeknüpft werden. Zwar lässt sich eine vermehrte Anzahl von eigenständigen Handmalereien in die 1920er Jahre datieren, aber für einen breiten Absatz reichten diese nicht aus.

VERKAUF PORZELLAN MANUFAKTUR BURGAU

Im April 1925 nahm Adele Selle eine Hypothek von 20.000 Reichsmark auf, um einen Kredit von 10.000 Reichsmark bei der Commerz- und Privatbank AG. Filiale in Jena tilgen zu können. Im März 1926 wurde der Verkauf der Fabrik erwogen, da weder eine Umwandlung in eine GmbH noch eine Beteiligung bzw. Verkauf an das Kahlaer Porzellanwerk zustande kam. Im Sommer 1928 erfolgten Entlassungen des Stammpersonals „wegen Arbeitsmangels“, am 29. August 1929 wurde die Löschung der Firma im Handelsregister beantragt. Damit endete die Firmengeschichte, jedoch wurden die Formen und die Rechte zur weiteren Produktion an Fritz Hamel von der Firma „Ernst Bohne Söhne“ in Rudolstadt verkauft. Dort produzierte man bis 1939 vor allem Teile des Zierporzellans sowie der Formen „1908″ und „Anna“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Fabrikation der Haushaltsgeschirre als Reparationsleistungen für den Export in die Sowjetunion wieder aufgenommen. Da jetzt nicht nach Stückpreis, sondern nach Gewicht bezahlt wurde, unterscheiden sich diese Geschirre durch die Dicke des Scherbens. Gemarkt ist weiterhin mit „PMB“.

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